Autofiktion als düsterer Blick in die eigene Kindheit – Klüssendorf, Angelika: Risse

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Angelika Klüssendorf ist bekannt für Bücher, in denen sie dem eigenen Leben nachspürt. Mit einem solchen war Klüssendorf auch 2023 zum wiederholten Male für den Deutschen Buchpreis nominiert. Im Buch „Risse“ erschienen im Piper Verlag werden Erzählungen abgedruckt, die schon 2004 veröffentlicht wurden. Nun sind diese von der Autorin nochmals bearbeitet worden, erhalten autofiktionale Reflektionen und werden durch diese Neubearbeitung mit der Gattung Roman versehen. Die Geschichten sind chronologisch geordnet und zeigen uns Episoden von Kindheit bis in die spätere Jugend. Schnell macht der Rahmen der Erzählung klar, dass uns keine Episoden vorgelegt werden, in denen wir Zeuge einer behüteten Kindheit werden.

Klüssendorf, Angelika: Risse, 2023, Piper Verlag, S.21.

Die Protagonistin der Texte ist aus der mit dem Roman „Mädchen“ beginnenden Trilogie vergangener Jahre bekannt. Mit präzisen sprachlichen Schilderungen bildet das junge Mädchen in ihren Erzählungen Szenen nach, deren Drastik vor allem durch ihre effektive Erzählweise wirken. Die erzählende Stimme berichtet von einem Aufwachsen bei getrennt lebenden Eltern und die titelgebenden „Risse“ durchziehen das Familienleben. Das Mädchen muss immer wieder erkennen, dass die Eltern nicht in der Lage sind ihren Pflichten nachzukommen. Statt mit ihrer Tochter gemeinsame Zeit zu verbringen, beauftragen sie ihre Tochter Alkohol zu besorgen. Als das junge Mädchen einen Diebstahl begeht, scheint die Mutter im Nachgang einen gewissen Stolz zu entwickeln, doch dieses in der Situation ambivalent wirkende Gefühl der Zuneigung wird schnell wieder zerstört. In einer Szene wird beschrieben, wie der Vater wohl eine Freundin vergewaltig, an anderer Stelle dominieren Alkoholexzesse. In diesen Szenen ist das Buch eindringlich und schafft es, mich emotional zu packen. Nach jeder Szene folgen kursive Ergänzungen, in denen Klüssendorf als Autorinnenstimme aufzutreten scheint. Sie reflektiert das eigene Verhalten, kritisiert sich, zeigt aber auch die Ohnmacht in welcher sie sich als Kind befand. Bedrückend ist eine Szene in der sie der Mutter einen geringen Betrag Geld gestohlen hat und danach beiwohnt wie die eigene Schwester für die Tat mit Gewalt bestraft wird. Diese Szene prägt das Verhältnis zur Schwester das gesamte restliche Leben.

Klüssendorf, Angelika: Risse, 2023, Piper Verlag, S.103.

Ich kann nicht nachvollziehen ob die Neufassung für eine Entwertung der literarischen Erzählweise sorgt, da die Rahmenhandlung den Geschichten etwas Mythos nimmt und vieles in einen erklärenden Zusammenhang stellt. Ich finde diese Hinweise nicht schädlich für das Buch. Klüssendorf schildert eine Kindheit, die geprägt ist von Gewalt und Misshandlung. Die Schilderung wie der Vater durch Alkohol seinem Leben ein Ende setzt und die Antworten auf Vorwürfe der Tochter erschrecken. Schreiben ist in diesem Buch die Lösung für die Verarbeitung, ansonsten erfahren wir nach der Jugend nicht, wie diese Erfahrungen verarbeitet wurden. Für mich schließt das Buch nicht gelungen ab und somit bleibt für mich tatsächlich auch die Frage der passenden Gattungsbezeichnung offen. Somit kann ich das Werk nicht gänzlich in seiner Komposition als gelungen einstufen.

Fazit

Dieses Buch bewegt einen mit den geschilderten Szenen, doch grundsätzlich hat mich das Buch aus verschiedenen Gründen nicht überzeugen können. Zum einen liegt dies an dem schreibenden Ideal, dass Schmerz zu Kreativität führt. Mich stört nicht, dass dies hier autofiktional ausgestellt wird, aber es wirkt gesetzt und dies würde ich nicht teilen. Mir persönlich ist der neu gesetzte Rahmen zu knapp und die autofiktionale Darstellung reflektiert zwar die eigenen Handlungen, führt aber die kritische Reflektion für mich nicht gänzlich zu Ende. Die ästhetisch spürbare Kraft innerhalb der Erzählungen ist jedoch gekonnt und transportiert die Drastik der erlebten Szenen. Meinen persönlichen Geschmack trifft die Grundausrichtung jedoch nicht.

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧

Angelika Klüssendorf: Risse

ISBN: 978-3-492-05991-6

https://www.piper.de/buecher/risse-isbn-978-3-492-05991-6

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