Die Geschichte Nordamerikas aus der Sicht der Ureinwohner – Mattioli, Aram: Verlorene Welten

#germanbookstagram #instabooks #bücherwurm #buchblogger #büchersucht ##sachbuch #lesenheißterleben #lesenmachtneugierig #kindheitshelden #karlmaymachtneugierig #geschichte #historischessachbuch #arammattioli #verlorenewelten #klettcotta #geschichtenordamerikas #nativeamericans #kulturblogger #besiedlungdeswestens #vertreibung #krieg #vernichtung #wilderwesten #kulturblog #zeichnungen #culturelove #kulturtipps #reisenimkopf #neustart #erzähldiewelt #erzaehlwas

Bei meinen Einschätzungen zu der aus meiner Sicht unnötigen Winnetou Debatte habe ich klar darauf verwiesen, dass ich ausgehend von der Märchenwelt Karl Mays begann, mich mit der wahren Geschichte der Ureinwohner Nordamerikas zu beschäftigen. Ich schaute Dokumentationen und begann historische Sachbücher zu lesen, sofern diese übersetzt waren, später blickte ich auch in englische Geschichtsbücher. Noch heute beschäftigen mich die Native Americans und ihre Kultur und Geschichte. Umso erfreuter war und bin ich, dass auch in diesen Zeiten noch aktualisierte historische Sachbücher erscheinen. Eines möchte ich mit meinem heutigen Post vorstellen: „Verlorene Welten“ vom  Schweizer Historiker Aram Mattioli.

Das Ausmaß der Zerstörung lässt sich kaum in Worte fassen […].

Aram Mattioli: Verlorene Welten, 2018, Klett-Cotta Verlag, S.15.

Die Perspektive der Ureinwohner lässt die Geschichte noch eindringlicher erscheinen

Der Schweizer Historiker gliedert sein Buch nach Regionen, ohne dabei die chronologischen Abläufe außer Acht zu lassen. 1492 lebten etwa fünf bis zehn Millionen Ureinwohner in den riesigen Gebieten Nordamerikas, 1900 geht man noch von etwa 230.000 aus. Eine Zahl, die einen durchaus erschaudern lässt. Mattioli geht den Gründen dieser Vernichtung auf den Grund, schreibt aber anders als viele Kollegen keine Geschichte der Indianerkriege, sondern geht soziologisch vor. Dadurch kann er verschiedene Einflussfaktoren festmachen, gleichzeitig aber auch einen strukturell herrschenden Rassismus der weißen Einwanderer herausstellen. Faktoren sind neben den gewalttätigen Auseinandersetzungen noch Krankheiten wie die Pocken oder die Vernichtung von Lebensfaktoren wie Büffelherden oder Wald. Hauptfaktor ist jedoch das Streben der Einwanderer nach weiterem Land ohne Rücksicht auf Verluste. Handelnde Politiker werden mit ihren Strategien der Auslöschung klar entlarvt und zu den Ursprüngen eskalierender Gewaltspiralen. Es ging dabei auch nicht nur um die Auslöschung der Menschen, sondern die gesamte Kultur der Ureinwohner war das Ziel. Pointiert stellt Mattioli wichtige historische Figuren vor, betreibt aber auf beiden Seiten keine Heldenverklärung. Bei der Schilderung der Konflikte wird deutlich, dass immer wieder pauschalisierend gegen die Ureinwohner vorgegangen wird. Nie wurden die wahren Übeltäter ermittelt, sondern gleich ganze Stammesgruppen in Sippenhaft genommen. Es ist beeindruckend wie Mattioli dies anhand guter Quellenrecherche belegt und mir einen ganz neuen Blick auf handelnde Politiker vermittelt. Geschlossene Verträge werden von den Ureinwohnern meist mit mehr Bedeutung als durch ihre Gegenspieler versehen. Stattdessen wird von oben herab auf sie geblickt und die Ernsthaftigkeit seitens der amerikanischen Bevölkerung schnell bestritten. Immer wieder müssen die Ureinwohner Enttäuschungen verkraften. Ebenso wird deutlich mit welcher Brutalität auch die US-Armee gegen die Ureinwohner und auch gegen Frauen und Kinder vorging. Das Bild das in einigen Romanen oder Filmen gezeichnet wurde, zeigt sich nach dieser Lektüre als schief. Vielen der Ureinwohner war bewusst, dass sie den auf sie zukommenden Kampf nicht gewinnen würden und doch ergaben sie sich nicht ihrem Schicksal. Ein Leben in zu kleinen Reservaten bedeutete eine kulturelle Aufgabe, welche ihr Stolz nicht zulassen konnte. Eine Einigkeit und damit eine ernstzunehmende Gegenbewegung konnte jedoch unter den verschiedenen Stämmen nie entstehen. Das Narrativ der heutigen Vereinigten Staaten ignoriert die Ureinwohnerperspektive, umso wichtiger sind solche historischen Sachbücher.

Fazit

Dieses Buch zeichnet eine anschauliche Historie der Vertreibung und Vernichtung der Ureinwohner Nordamerikas. Aufgrund des soziologischen Vorgehens werden Quellen entscheidend, denen oftmals wenig Bedeutung beigemessen wurde, die aber die Strategie der weißen Einwanderer stark prägten. Während einerseits eine Demokratie mit verankerten Menschenrechten entsteht, werden den Ureinwohnern jegliche Rechte abgesprochen und die Völker mit höchster Brutalität vertrieben und vernichtet. Der nüchterne Stil sorgt dafür, dass einem bestimmte Ereignisse noch stärker im Gedächtnis bleiben. Kurzum ein tolles Werk zur Geschichte Nordamerikas, das schonungslos die Vernichtung der Ureinwohner offenbart.

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧🐧1/2🐧

Aram Mattioli: Verlorene Welten

ISBN: 978-3-608-96325-0

https://www.klett-cotta.de/buch/Geschichte/Verlorene_Welten/96728

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert