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Heute möchte ich Euch zwei Teile einer Jugendbuchreihe vorstellen, die mich mit Ihrem Erscheinen begleiten und die ich auch schon einige Male verschenkt habe. Es geht um die Buchreihe „Der Weltenexpress“ von Anca Sturm. Deren ersten Band entdeckte ich noch als Buchhändler bei Hugendubel und ich war mir mit einer Kollegin schnell einig, das ist tatsächlich wieder eine schöne Jugendbuchreihe für Jungen und Mädchen. Dies wurde dann von der Zielgruppe auch bestätigt, da ich das Buch gleich beim Weltvorlesetag eingesetzt habe. Auch wenn ich Parallelen zu Harry Potter sehe, so muss ich gleich voranstellen, dass dieses Buch doch ganz anders funktioniert und magische Elemente einen anderen Eingang in die Reihe finden.
Aber blicken wir zunächst auf den Inhalt. Flinn Nachtigall sitzt jeden Abend am Bahnhof in Weidenborstel und hofft einen Hinweis auf ihren verschwundenen Bruder zu finden. Alles, was sie hat, ist eine Postkarte und das Wissen, dass er am Bahnhof verschwunden ist. Als nun ein Zug in den Bahnhof rollt, erinnert sich Flinn an die Postkarte und stürzt sich mutig als blinde Passagierin auf eine Zugreise. Dieser Zug ist kein gewöhnlicher Reiseexpress, sondern es handelt sich um ein fahrendes Internat. Dieses dient dazu, außergewöhnliche Kinder zu unterrichten, denn schon viele berühmte Entdecker und prägende historische Persönlichkeiten haben die Schule besucht. Flinn wird entdeckt und darf zunächst bleiben. Somit wittert sie die Chance, endlich ihren verlorenen Bruder zu finden. Gut, dass sie dabei auch schnell Unterstützung erhält, denn dieser Zug steckt voller Mysterien und Magie.
Das Buch startet mit einem kleinen Prolog, der erste Hinweise auf den Weltenexpress gibt und dann starten wir in die spannende Geschichte um Flinn und ihre Suche nach dem verschwundenen Bruder Jonte. Flinn wird schnell entdeckt, doch der Schulleiter Daniel erlaubt ihr zunächst an Bord zu bleiben. Sie freundet sich mit dem Kohlejungen Fedor, sowie den Schülern Kasim und Pegs an. Wir erleben den Unterricht und dass diese Schule einmal Menschen hervorbringen soll, die unsere Welt entscheidend verändern. Der Fokus auf das Besondere an Menschen könnte elitär wirken, doch dieses Buch wählt dafür so wunderbar unterschiedliche Kategorien, dass die Botschaft vor allem lautet, dass jeder etwas Besonderes sein kann. Flinn tritt als mutiges Mädchen auf, auch wenn das Buch vielleicht zu sehr betont, dass sie ein jungenhaftes Auftreten hat, sich aber den Geschlechterrollen Gott sei Dank nicht fügt. Sie ist eine sympathische Person und bietet genügend Identifikationspotential. Anca Sturm nimmt durchaus Anleihen bei Harry Potter, Flinn scheint etwas ganz Besonderes zu sein, der Schulleiter hat zu ihr eine engere Bindung und es gibt mit Madame Florett eine verdächtig wirkende Lehrerin. Allerdings spielt Magie keine übergeordnete Rolle, sondern das Buch nutzt das Setting einer Zwischenwelt richtig gut aus und dosiert die magischen und mythischen Elemente. Absolute Stärke sind die Figurenzeichnungen, bei denen auch viel Liebe zu erkennen ist. Ob es die zwischenmenschlichen Höhen und Tiefen zwischen Flinn und ihren Freunden sind, oder der Sprachfehler von Madame Florett, Emotionen werden gut sichtbar. An einigen Stellen fiebert man richtig mit, andere punkten mit einem wunderbaren Humor. In einigen Sequenzen könnte das Spannungsmomentum höher sein, allerdings handelt es sich um einen ersten Teil, der auch viele Plotanlagen zu setzen hat. Magie ist in diesem Zug, eine Ergänzung zu Technologie und passt damit ebenfalls in die geschaffene Zwischenwelt. Auch wenn es an der ein oder anderen Stelle etwas mehr Erklärungen gibt, so baut sich doch konsequent ein Spannungsbogen auf. Immer wieder muss Flinn kleine Herausforderungen meistern, um sich als Neuling im Zug zu bewähren. Das Setting des Internats im fahrenden Zug wird von Anca Sturm auch dafür genutzt, ihre Charaktere vielfältig anzulegen und dies ist ebenfalls eine Stärke des Buches. Dies trifft nicht nur auf die Helden, sondern auch auf die bösen Charaktere zu. Für all die kleinen Abenteuer und diese wunderbare Welt findet Anca Sturm eine tolle Sprache, die poetische Züge hat und sprachspielerische Elemente. Dabei wird nie der Lesesog gefährdet.
Fazit
Mit diesem ersten Teil erschafft Anca Sturm eine Welt, in der man sich gerne verliebt und sich über all die mystischen und magischen Elemente freut. Gepaart mit liebevoll gezeichneten Charakteren entsteht eine Welt, in die man abtaucht und sich mit Flinn gemeinsam auf die Suche nach ihrem Bruder macht. Zwar nimmt die Geschichte Anleihen bei Harry Potter, aber sie emanzipiert sich von dieser berühmten Reihe, in dem bewusst auf eigene Stärken der geschaffenen Welt gesetzt wird und die Magie nicht die Hauptrolle spielt. Natürlich ist es trotzdem auch ein schönes Buch für Potter-Fans, aber vor allem eine tolle Geschichte ab 10 Jahren!
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧🐧
Anca Sturm: Der Weltenexpress
ISBN: 978-3-551-31938-8
https://www.carlsen.de/taschenbuch/der-welten-express-der-welten-express-1/978-3-551-31938-8
