Kultur in der Coronakrise III

Wir brauchen eine aktive und vielfältige Kulturpolitik

In bisher zwei Texten habe ich mich mit der Rolle der Kultur in der Coronakrise beschäftigt. Vor einigen Tagen begannen dann wieder die Diskussionen und erneut sind Kulturveranstaltungen das erste verzichtbare Element unserer Gesellschaft. Jeder Besucher von Kulturveranstaltungen muss sich trotz der geltenden Hygienebestimmungen rechtfertigen. Nicht selten bin auch ich auf meine Theaterbesuche angesprochen worden, da ich das Risiko in unsere Gesellschaft hereintrage. Ich kürze diese Debatte immer damit ab, dass ich mich trotz Impfung regelmäßig teste. Nachfragen ob man nicht mal einige Zeit auf Kultur verzichten kann, beantworte ich nicht mehr.
Natürlich kann man darauf verzichten, aber es geht doch darum, dass auch in diesen Bereichen ein wirtschaftlicher Sektor besteht, Menschen davon leben müssen. Und mir geht es noch darum, dass wir Kultur in der Krisenpolitik als nebensächlich begreifen, ihr keine Relevanz zusprechen.


Über die Relevanz der Kultur habe ich in meinem zweiten Text unterstützt durch die Ausführungen von Daniel Kühnel geschrieben. Darin wurde auch angesprochen, was vom Kulturbereich selbst erwartet wird. Heute möchte ich mehr darüber sprechen, welche Rahmenbedingungen es braucht und was man von einer aktiven Kulturpolitik erwarten sollte.

Keine Grenzen ziehen, nicht von Ideologien überlastet


Zunächst halte ich fest, dass in meinem Kulturverständnis wenig Unterscheidung zu treffen ist, denn Kultur entsteht aus der Mitte unserer Gesellschaft heraus. Zudem sollte Politik die Freiheit von Kunst und Kultur nicht verhandeln. Dies bedeutet, dass staatliche Eingriffe ausgewogen sein müssen. Somit darf Kulturpolitik nicht parteiideologischen Annahmen untergeordnet werden. Trotzdem muss Kulturpolitik aufgewertet werden und hier höre ich aus dem Koalitionsvertrag der neuen Koalition eine erste schöne Botschaft: Kultur soll zum Staatsziel werden. Eine solche Verankerung würde der Kultur rechtlich einen verbesserten Rahmen bieten. Notwendig wäre es aber auch, dass Kulturdebatten sich wieder stärker in den öffentlichen Diskurs verschieben, wir alle sollten darüber sprechen, welche kulturelle Vielfalt wir uns wünschen. Es geht nicht um einen funktionalen Nutzen, Kultur ist schlicht und ergreifend wichtiger Teil unseres Zusammenlebens und daraus nicht wegzudenken.
Kulturpolitik heißt eben auch Demokratiepolitik, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und vor allem stärkt man mit ihr wieder die Fähigkeit öffentliche Gespräche zu führen.

Föderalismus und Kommunen als wichtiger Baustein


Ein Baustein unserer kulturellen Vielfalt ist unser föderalistisches System. denn zur Kultur gehören auch regionale Eigenheiten und diese können durch den Föderalismus ausreichend Raum erhalten. Eine aktive Kulturpolitik integriert Minder- und Mehrheiten, richtet Programme vielseitig aus und stellt nicht jede Finanzierung unter wirtschaftliche Prämissen. Es muss eingesehen werden, dass Kultur nicht primär nur betriebswirtschaftlich betrachtet werden kann. Gleichzeitig müssen aber für die Kreativwirtschaft auch geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wir brauchen örtliche Kultursäle, wir brauchen aber auch Räume in denen Kunst produziert werden kann. Diese verschiedenen Marktteilnehmer muss Kulturpolitik begreifen und sie nicht in einen Konkurrenzkampf treten lassen. Es braucht öffentliche Aufträge und sichere Partnerschaften und es benötigt private Interessen- und Fördergruppen, denen man den nötigen Raum lässt und sie in ihrem Vorhaben unterstützt. Eine aktive kommunale Kulturpolitik muss als Motor von Stadtentwicklung begriffen werden. Und wir integrieren auch geschichtliches Verständnis und Geschichtsarbeit in die Kulturförderung. Der Begriff „Heimat“ ist Teil unserer kulturpolitischen Arbeit und darf nicht bestimmten gesellschaftlichen Gruppen überlassen werden. Dies bedeutet, dass wir auch Bildungsangebote in dieses politische Themenfeld integrieren. Allein diese Aufzählung zeigt auf, wie groß der Bereich ist und welche Verantwortung damit verbunden ist. Begreift man dieses Feld, erfasst alle aufgezählten Aspekte, so wird deutlich: Aktive Kulturpolitik bedeutet die Aktivierung aller Vertreter*Innen der kommunalen Gesellschaft.

Wir haben diese Möglichkeiten in der Bundesrepublik und können uns damit in die Tradition unserer Kulturgeschichte einreihen. Ob Filme, Serien, Kunst, Literatur, Computerspiele, Schauspiel, Kabarett, Musik usw., all dies ist genauso wie kulturelle Vereinsarbeit Teil unserer Kulturgesellschaft. Vereint sorgen diese Kräfte für eine kulturelle Vielfalt und genau dies muss politisch gefördert und abseits von Ideologien zugelassen werden. Dazu braucht es aber auch das klare Verständnis, dass wir Kultur nicht als eine Nebensache betrachten dürfen.

Und damit möchte ich meinen kleinen Exkurs für beendet erklären.

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