Henn, Carsten: Der Buchspazierer – Rezension

In diesem Jahr habe ich mich entschieden einige wenige Weihnachtstipps zum Verschenken zu geben. Natürlich sind alle Buchempfehlungen des Blogs gute Geschenkideen, da sich auf dem Blog eigentlich kein Buch findet, dass man gar nicht lesen kann. Es gibt aber Unterschiede und so gibt es auch Bücher, die ich besonders geeignet für Weihnachten finde, oder die das Weihnachtsthema aufgreifen, oder mich besonders beeindruckt haben.

Eines dieser passenden Weihnachtsbücher ist für mich in diesem Jahr „Der Buchspazierer“ von Carsten Henn, erschienen im Pendo Verlag. Es gibt viele Bücher, die das Lesen feiern und auch Carsten Henn legt nun ein solches vor. Allerdings geht es in diesem Buch stark um die soziale Funktion von Büchern. Hauptfigur ist der titelgebende „Buchspazierer“ Carl Christian Kollhoff. Er arbeitet seit Jahren in einer Buchhandlung, auch wenn er mittlerweile das Rentenalter erreicht hat. Jeden Tag bringt er besonderen Kunden ihre Bücher per Spaziergang nach Hause. Allen Kunden gibt er literarische Namen und dies zeigt die tiefe Verbindung. Eines Tages wird sein Alltag durch die Bekanntschaft mit einem achtjährigen Mädchen durcheinandergewirbelt. Schascha tritt in sein Leben und beginnt ihn auf seinem Weg zu begleiten. Sie beginnt andere Verbindungen zu den Kunden herzustellen und so wird aus dem alljährlichen Trott eine neue Erfahrung. Doch dann möchte die Buchhändlerin, dass Carl seine Tätigkeit beendet und alles scheint vorbei zu sein …

Lesen verbindet Menschen

Dieser Roman präsentiert uns eine wirklich rührende Geschichte und gleichzeitig gelingt es die Kraft von Büchern auszustellen. Carl bleibt zu Beginn des Romans relativ konturlos und wird auf seine Aufgabe des Bücherbringens reduziert. Doch man erkennt, dass diese Tätigkeit bei ihm, sowohl die Leidenschaft für Bücher betont, ihm aber auch die Kunden viel bedeuten. Er ist aufgrund seines Alters ein Überbleibsel in der Buchhandlung, die nun unter der Führung der Tochter des alten Inhabers steht. Sie sieht in ihm eine dauerhafte Erinnerung an ihren Vater und möchte deshalb, dass er seine Tätigkeit eigentlich beendet. Bei seinem alltäglichen Gang versucht er nie in das Leben seiner Kunden einzudringen, stattdessen imaginiert er sie als Romanfiguren, um ihnen auf diese Weise seine ganz eigene Geschichte zu geben. Lebendiger wird der Text, als eines Tages Schascha in das Leben von Carl tritt. Das achtjährige Mädchen gibt ihm auch den Namen „Buchspazierer“, da sie ihn täglich beobachtet. Mit ihrer Begleitung beginnt Carl sich stärker für das Leben seiner Kunden zu interessieren.  Sie sorgt für überraschende Momente und so dringen sie auch in die Wohnungen ein. Es wird dadurch deutlich, dass all diese Menschen in Büchern auch einen Zugang zu anderen Menschen oder einen Weg aus den eigenen Problemen heraus suchen. Carl hat dies sicherlich immer im Kopf gehabt, erhält nun aber die Gewissheit.

„>>Die Menschen vertrauen dir<<, sagt Gustav. >>Das ist das Wichtige bei einem Buchhändler. Wenn du Kunden ein Buch empfiehlst, dann hoffen sie nicht nur, dass es ihnen gefällt, sondern sie sind sich sicher. […]“

Henn, Carsten: Der Buchspazierer, S.64, Pendo Verlag 2021.

Dieses Zitat muss ich in meine Rezension verpacken. Wie ihr alle wisst, war ich selbst zuvor im Buchhandel tätig und kann nur sagen, dass ich diesen Job äußerst gerne gemacht habe. Es ist ein tolles Gefühl Kunden zu beraten und später positive Rückmeldungen zu erhalten. Carl bekommt stetig positives Feedback. So entsteht ein Vertrauensverhältnis, dass weit über ein reines Verkäufer-Kunden-Verhältnis hinausgeht. Als Schascha beginnt Bücher zu verschenken, wird deutlich, dass auch kein ökonomisches Ziel hinter den Spaziergängen steht. Nein, auch Carl genießt es mit Menschen durch Bücher in Kontakt zu treten. Alle Figuren benötigen einander, um einer gewissen Einsamkeit zu entgehen. Aktivposten dies zu erkennen ist das junge Mädchen, welches mit ihrer kindlichen Art die Figuren begeistert. Sie und Carl erhalten über die Handlung hinweg immer mehr Ecken und Kanten und sind gelungene Figuren. Schnell kann ich mir beide vorstellen und empfinde sie als authentisch. Die restlichen Figuren bleiben oberflächlich, aber dies passt zum Grundmotiv des Romans. Die Bücher sind das soziale Bindeglied und schaffen es durch die Ideen von Schascha die Menschen nun auch darüber hinaus zu verbinden. Auf diese Weise gelingt es dem Roman Schicksale zu zeigen, aber sogleich Hoffnung zu vermitteln. Die dramatischen Wendungen sind gut eingearbeitet und es ist durchgehend spannend und unterhaltsam. Sprachlich pointiert arbeitet Henn alles gut heraus und sorgt so für einen runden Abschluss der Geschichte, der durchaus Emotionen bei der Leserschaft wecken sollte.

Eine schöne Geschichte passend zum Weihnachtsgedanken

Ein Roman mit einer wunderbaren Botschaft. Zum einen stellt er wunderbar das Schöne am Lesen heraus. Gerade in dieser Zeit wo Kontaktbeschränkungen Einsamkeit befördern, können Bücher entgegen wirken. Mir selbst helfen sie und der Austausch hat geholfen durch diese Pandemie zu kommen. Somit ein passender Roman für unsere Zeit. Carsten Henn gelingt ein schöner Roman mit Wohlfühlcharakter, in dem alle Stränge zu einem passenden Ende geführt werden. Rührende wechseln mit humorvollen Momenten und bilden so eine Geschichte, die Menschen zusammenführt und damit absolut passend zum Weihnachtsgedanken ist. So gibt es von mir eine klare Empfehlung und wer noch eine schöne Lektüre zum Verschenken für Buchliebhaber*Innen sucht, sollte hier zugreifen.

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧🐧

Carsten Henn:

Der Buchspazierer

ISBN: 978-3866124776

Preis: 14,00€

Der Buchspazierer von Carsten Henn | PIPER

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