Mo, Johanna: Nachttod – Rezension

Skandinavische Krimis erobern die internationalen Märkte standesgemäß und ich bin ebenfalls ein großer Fan und beachte alle Neuerscheinungen auf diesem Gebiet.  „Nachttod“ ist der erste Teil einer neuen Krimireihe, bei der schon zwei weitere Teile angekündigt sind. Johanna Mo lässt diese Reihe in Deutschland durch den Heyne Verlag verlegen. Der Auftakt dieser Reihe war in Schweden ein Bestseller und fällt mir insbesondere dadurch auf, dass er sich nicht auf die klassische Mordermittlung konzentriert, sondern psychologisch in seine Figuren eindringt. Es geht um den Mord an einem Teenager und es lassen sich nur schwerlich Spuren für Motive finden. Hinzu kommt, dass der tote Junge der Sohn der besten Freundin der ermittelnden Polizistin ist. Diese Konstellation erschwert die Ermittlungen und die Trennung zwischen Arbeit und Privatem.

Krimi mit Familiendrama

Schon die kurze Zusammenfassung zeigt, dass dieser Krimi nicht durch seine Handlungskomposition besticht. Stattdessen geht es um die Suche nach einem möglichen Motiv und vermeintliche Familienprobleme. Zunächst wird der Vater verdächtigt. Doch schnell weisen die meisten Verdachtsmomente wieder weg von der Familie und auf eine gefährliche Mitschülerin. Dies alles wird durch kluge Dialogführung der ermittelnden Polizisten ans Tageslicht gebracht. Polizistin Hanna Duncker und ihr Kollege sind ein neues Team und müssen noch zueinander finden, wobei Hanna nicht zu viel von ihrer Vergangenheit preis geben möchte. Die kurzen Gespräche im Auto zeigen sowohl eine gewisse gegenseitige Faszination und schwanken dann schnell wieder in Ablehnung durch Hanna. Dies hat mir beim Lesen gut gefallen. Die Insel Öland ist der passende Handlungsort für düstere Geschichten und wurde nicht zum ersten Mal ausgewählt. Mo greift die bekannten skandinavischen Krimimuster auf und so haben die Ermittler auch mit privaten Herausforderungen zu kämpfen. Die Mutter des ermordeten Jungen ist ebenfalls eine interessante Figur. Ihre Trauer und die daraus entstehende zerbrechende Emotionalität wird in passenden Szenen und dem richtigen Tonfall geschildert.

„Aufgewachsen war sie an der Ostküste Ölands, aber dorthin konnte sie unmöglich zurückkehren. Denn dort wäre sie für immer nur Lars Dunckers Tochter.“

Mo, Johanna: Nachttod, S.11, Heyne Verlag 2021.

Mit diesem Zitat wird deutlich, dass der vorliegende Text auch noch eine Nebenhandlung beinhaltet. Die neue Polizistin in Öland hat eine Vergangenheit in dieser Gegend. Sie hat sie damals verlassen, nachdem ihr Vater verurteilt worden ist. Dieser soll in betrunkenem Zustand eine alte Frau misshandelt und ihr Haus im Anschluss angezündet haben. Dafür saß er Jahre im Gefängnis und starb dann als vereinsamter Alkoholiker. Gerne würde sie diese Vergangenheit hinter sich lassen, aber ihre Rückkehr ist auch der Weg die alte Geschichte auf andere Art und Weise abschließen zu wollen. Johanna Mo legt einige Spuren, aber sie weiß um die weiteren Bücher und so darf schon erwähnt werden, dass nicht jede Frage, die man sich beim Lesen stellt, beantwortet wird. Der Schreibstil genießt den Blicks fürs Detail. Dies ist an bestimmten Stellen etwas langatmig, jedoch profitiert die psychologische Figurentiefe ungemein. Zudem geht es in diesem Roman nicht zu blutrünstig zu, auch wenn das Opfer erstochen in einer Blutlache aufgefunden wird. Die Härte des Textes zeigt sich stattdessen in der Beziehung zwischen Hanna und der Mutter des Opfers. Eine Beziehung, die von Vergangenheit belastet, keine entscheidende Wärme zulässt. Ebenso gelungen ist das immer wieder aufscheinende Misstrauen der Figuren untereinander.

Ein Auftakt, der noch Potential lässt

Der Auftakt dieser Reihe hat mir ganz gut gefallen. Die Figurenschilderungen sind wirklich große Klasse, allerdings gelingt es dem Buch nie, einen hohen Spannungsbogen aufzubauen, auch wenn die Tätersuche bis zum Ende offen bleibt. Durch die Andeutungen auf die Vergangenheit der Hauptfigur werden Hinweise für die folgenden Bücher gemacht und daraus zieht das Buch eine gewisse Spannung und deutet das Potential der Reihe an. Sollte Johanna Mo es gelingen ihre ermittelnde Hauptfigur so gut weiterzuentwickeln dürfen wir uns auf spannende Fortsetzungen freuen. Wer skandinavische Krimis schätzt und sich auch ein Ermittlerteam wünscht, dessen Privatleben eine Rolle spielt, ist auf jeden Fall auch bei dieser Krimireihe wieder an der richtigen Adresse.

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧

Johanna Mo:

Nachttod

ISBN: 978-3453425804

Preis: 15,00€

Johanna Mo: Nachttod – Paperback – Heyne Verlag (penguinrandomhouse.de)

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