Theaterkritik: Identitti. Staatstheater Darmstadt – Inszenierung von Salome Dastmalchi

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Nach Lektüre des Romans hat es sich natürlich angeboten die Inszenierung des Romans in unmittelbarer Nachbarschaft beim Staatstheater Darmstadt anzusehen. Das Staatstheater bringt „Identitti“ in einer Inszenierung von Salome Dastmalchi nach einer Bühnenfassung der Autorin Mithu Saynal auf die Bühne. Die Handlungsgrundlage ist der Streit um die Identität einer Professorin für Postkoloniale Studien. Die Professorin wird von der Hauptfigur Nivedita geschätzt, doch umso schockierender wirken die Enthüllung um eine vermeintliche Identitätseroberung durch Vorspiegelung falscher Tatsachen. Der Bühnenraum empfängt mich als Besucher mit einer Art Amphitheater, in dem sich die Schauspieler*Innen schon eingefunden haben. Im Hintergrund läuft Musik. Das Ensemble stellt sich vor dem Stück kurz vor und verweist darauf, dass sie verschiedene Rollen und auch verschiedene Geschlechterrollen einnehmen werden. Des Weiteren markieren die Schauspieler*Innen auch die eigene Herkunftsgeschichte und somit ist der Raum für das ästhetische Identitätsspiel eröffnet. Die Stärke des Stücks liegt in der Verarbeitung von Sanyal, welche die Stärken ihres Romans in ihrer Bühnenfassung betont. Das Ensemble trägt einheitliches Blau, was das Identitätsspiel optisch unterstützt. Saraswati (gespielt von Anna Böger) wird als Professorin von der Seite kommend eingeführt. Über das Stück hinweg wird immer wieder mit räumlichen Positionen auf der Bühne gearbeitet, um Konflikte darzustellen. Genutzt wird hierbei auch das flexible Bühnenbild, welches das Teilen und Verschieben der Kulisse ermöglicht.  Das Stück übertreibt nicht, nutzt stattdessen die Figur der Göttin Kali (Marielle Layher) als Projektionsfläche für Provokation und Überinszenierung. Auf Nivedita (Naffie Janha) wirken neben diesen beiden Figuren, die für sie durchaus auch Vorbildcharakter haben, noch ihre Cousine Priti und ihr Freund Simon (beide gespielt von Leonard Burkhardt) ein. Naffie Janha spielt Nivedita mit einer gehörigen Portion Energie und als Person, die Enttäuschungen nicht akzeptieren möchte, aber nie in Verzweiflung verfällt. Janha ist für mich eine schauspielerische Entdeckung an diesem Abend und man darf ihr noch einige Hauptrollen wünschen. Anna Böger bleibt als ihre Professorin kühl und berechnend, lange glaubt man in ihr jemanden zu sehen, der über den Dingen steht. Doch auch hinter diesem Identitätsdrama steckt eine Familiengeschichte. Es ist der Bruder (Patrick Khatami), der mit einem Fotoleak aufdeckt, dass hier eine Identität inszeniert wird. Khatami spielt zudem noch Oluchi, die als Studentin einen ganz anderen Umgang wie Nivedita wählt. Gekonnt wird in Dialogen aufgezeigt, dass es hier nicht darum geht, die Wahrheit herauszufinden, sondern wie man mit ihr umgeht. Sanyal möchte nicht bewerten, sondern Spielweisen zeigen und somit eignet sich ihr Roman wunderbar für eine Bühnenumsetzung. Pointierte Argumente werden ausgetauscht, doch die Spielweise offenbart zudem, dass sich niemand zu ernst nehmen darf und der jeweilige Gegenüber, einem das Gesagte auch ganz anders auslegen kann.

Diese schauspielerische Umsetzung des Romanthemas war wirklich toll. Von Beginn an hat mich das Ensemble mitgenommen, die Musik zum Start, sowie das Bühnenbild, welches mit seinen Möglichkeiten auch Dynamik mitbringt, verstärken dies. Wenn auch manche Szenerien überzeichnet wirken, so ist dies aber passend für das Absurde dieser Wahrheitsbewertungen. Insgesamt ist dies ein spannender Theaterabend gewesen, mit tollen schauspielerischen Leistungen und den passenden Portionen Humor und Drama.

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Wertung: 🐧🐧🐧🐧🐧

Mehr Informationen zum Staatstheater Darmstadt, auch mit Ausblick auf die neue anstehende Spielzeit unter:

https://www.staatstheater-darmstadt.de/

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