Ein Gesellschaftsroman im Indianerreservat –

Wanbli Weiden, David Heska: Winter Counts

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Mein Startschwerpunkt in diesem Jahr des Blogs liegt darauf etwas Einblick in meine Lesesozialisation zu geben. Nachdem ich aufgezeigt habe, dass ich durch die Lektüre Karl Mays begonnen habe, mich mit der historischen Realität der Ureinwohner Nordamerikas zu beschäftigen, gibt es heute einen neuen Aspekt. Bis heute halten nämlich die Auswirkungen der Vertreibungs- und Vernichtungskriege an. Diese sorgen auch für einen bestimmten gesellschaftlichen Umgang mit den Native Americans. Noch heute sind die Auswirkungen der kulturellen Aufeinandertreffen und des Verdrängens indigener Kulturen zu spüren. Man kann dies auch aus Sachbuch-Lektüren heraus erschließen, ich finde jedoch Romane immer spannender. Deshalb stelle ich heute einen Roman vor, der uns mit seiner Handlung ins Reservat führt. Es geht um David Heska Wanbli Weiden mit seinem Roman „Winter Counts“, erschienen im Polar Verlag.

Ein Vollstrecker auf der Suche nach seiner eigentlichen Rolle

Virgil Wounded Horse heißt die Hauptfigur dieses Romans, der mitten im Rosebud Reservat in South Dakota, in der Nähe des Mount Rushmore spielt. Virgil ist zugleich Erzähler der Geschichte und führt uns mit seinen Ausführungen direkt in seinen Alltag. Er ist im Reservat der Gerechtigkeitsvollstrecker, sofern dies von der eigentlichen Justiz nicht erledigt wird. Kurz gesagt kann man ihn auch als Auftragsschläger bezeichnen. Natürlich sieht er sich nur im Dienste der Gerechtigkeit stehend. Er begründet seine Tätigkeit damit, dass Verbrechen im Reservatleben nur ungenügend verfolgt werden. Die Stammespolizei im Reservat darf Verbrechen nämlich nicht erfolgen, da sie der Bundespolizei unterstellt ist und an diese meldet. Jene Bundespolizei ist jedoch nur an Aufklärung interessiert, wenn es sich um Mord handelt. Aus diesem Grund wird Virgil beauftragt, um für Gerechtigkeit zu sorgen.

Virgil verarbeitet selbst schmerzhafte Erfahrungen. Dies ist neben dem Tod seiner Eltern, auch der Verlust der geliebten Schwester. Nach deren Tod kümmert er sich um ihren Sohn und nimmt seinen Neffen Nathan bei sich auf. Die Zerrissenheit von Virgil bezüglich seines Jobs und der Rolle als Ersatzvater ist durchweg spürbar. Virgil scheitert an seiner eigenen Erwartungshaltung und daran, dass er keinen Halt in seinem Leben findet. Mit der kulturellen Geschichte der Lakota hat er eigentlich abgeschlossen und markiert damit als Figur die Herausforderung, sich in die Welt außerhalb der Reservation zu integrieren. Lange scheint mit Nathan alles zu klappen, doch dann nimmt dieser eine Überdosis Heroin und der Alltag von Virgil gerät bedrohlich ins Schwanken. Woher die Drogen kamen, ist die zu ermittelnde Frage. An der Aufklärung scheint auch ein wichtiger Vertreter der Lakota interessiert. Virgil begibt sich auf die Suche und möchte das Verbrechen aufklären, während er um seinen Neffen bangt.

Krimi-Handlung als Grundlage einer Gesellschaftsanalyse

Die Krimi-Handlung überzeugt nicht mit spannender Intensität, wobei sie gegen Ende des Romans durchaus Fahrt aufnimmt. Vielmehr eignet sich der Roman als eine Analyse des gesellschaftlichen Lebens im Reservat. David Heska Wanbli Weiden ist selbst Dakota. Er lebt zwar in Denver, aber er kann die Situation in den Reservaten aus eigener Erfahrung heraus schildern. Wir erfahren, wie die Menschen zusammen leben, erleben die Armut, die schlechte Bildung und daraus entstehende Perspektivlosigkeit. Alkohol und Drogen finden den Weg in diese Lebensverhältnisse und niemand scheint sich dafür zu interessieren, da es sich eben „nur um indigene“ Bevölkerung handelt. Der Autor bestätigt diese Rahmenbedingungen seines Romans in Anmerkungen. Ich bin tatsächlich beeindruckt, wie mich an diesem Roman weniger seine Handlung, als der Blick auf die dort lebenden Menschen interessiert. Weiden führt zudem mit der Figur Marie eine Person ein, die auf Virgil einwirkt und ihn an seine indigenen Wurzeln erinnert. Wir erfahren somit auch etwas über Gebräuche und wie diese sich bis in die heutige Zeit gehalten haben. Die auftretenden Figuren lassen in ihren Schilderungen alle eine Liebe des Autors erkennen und man wünscht ihnen den Erfolg. Es geht um den bis heute andauernden Verrat an der  indigenen Bevölkerung und die Gleichgültigkeit der amerikanischen Bevölkerung an dieser Situation. Die auftretende Bundespolizei interessiert sich nur dafür, weil es um Straftaten geht, die außerhalb der Reservation ihren Hintergrund haben. Durch die Erzählung in der ersten Person wird dies betont und damit spürbar.

Fazit

Mit diesem Roman wird ein Effekt guter Kriminalliteratur betont, der mich grundsätzlich begeistert, nämlich die Fähigkeit gesellschaftliche Strukturen darzustellen. David Heska Wanbli Weiden offenbart Missstände des Lebens in den Reservaten und eröffnet gleichzeitig den Blick auf Gegensätze und kulturelle Herkunft. Mich hat diese Ebene des Romans total begeistert. Der Einfluss der Einwanderer zieht sich mit Korruption und Drogengeschäften bis in die Gegenwart. Leider kann das Spannungsmomentum des Romans diesem hohen Niveau nicht standhalten. Außerdem finde ich, dass an manchen Stellen die indigene Kultur nicht konsequent zu Ende erzählt ist und  damit ebenfalls Potential verschenkt wurde. Trotzdem handelt es sich um einen guten Kriminalroman, der einen wunderbaren und lesenswerten Einblick in das Leben in den Indianerreservaten  gibt.

Mit diesem Buch endet mein Schwerpunkt zum Jahresstart und eröffnet zugleich die Möglichkeiten der neuen Kategorie „Wild West undKarl May“. In den nun folgenden Tagen werden weitere Kategorien des umgestellten Blogs zum Leben erweckt.

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧1/2🐧

David Heska Wanbli Weiden: Winter Counts

ISBN: 978-3-948392-46-8

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