Halliday, Lisa: Asymmetrie – Rezension

Das Verweben von Erlebtem und Fiktion

Über dieses Buch ist nach seinem Erscheinen viel gesprochen worden. Die amerikanische Schriftstellerin Lisa Halliday verarbeitet in ihrem Roman „Asymmetrie“ ihre Beziehung zum großen amerikanischen Romancier Philip Roth. Dieser reale Hintergrund hat für einen Hype um dieses Buch gesorgt, welches in drei Teilen auch noch die Geschichte eines muslimischen Mannes erzählt, der mehrere Tage am Londoner Flughafen Heathrow festsitzt. Ich hatte mir das Buch in meiner Challenge #12für2021 vorgenommen und komme nun endlich dazu, es auch auf meinem Blog zu besprechen.

Mein Eindruck vom Buch:

Der Hype um diesen Roman hatte mich ein Werk erwarten lassen, dass in seiner sprachlichen Darstellung durchaus das ein oder andere Highlight setzt, doch dies habe ich nicht vorgefunden. In den meisten Rezensionen wird vor allem nach einem Schlüsselroman über Philip Roth gesorgt, doch auch dies leistet der Roman nicht. Wir bekommen die Geschichte der Mitzwanzigerin Alice erzählt, die in einer bekannten amerikanischen Literaturagentur arbeitet und in dieser Ezra Blazer betreut. Blazer ist klar als Roth erkennbar, da auch thematisiert wird, dass er immer wieder als Literaturnobelpreisträger gehandelt wird, ohne diesen Preis jemals zu erhalten. Doch Schwerpunkt des Romans ist die Frage nach der Darstellung von Literatur. Der erste Teil behandelt die Beziehung der jungen Frau zum älteren Schriftsteller, der auch als eine Art literarischer Mentor erscheint. Thematisiert werden aber auch entstehende Abhängigkeiten, die finanzielle zwischen dem reichen Schriftsteller und der nicht viel verdienenden Alice und jene des älteren Mannes, der mit Einkäufen versorgt wird. Blazer gefällt sich offensichtlich in der Rolle des Gönners und hier findet mir bei Alice zu wenig Reflektion statt, weshalb ich diese Figur nicht wirklich mögen will.

Woraus schöpft Fiktion ?

Mit der Frage nach den Erfahrungen, die man im Schreiben verarbeitet beschäftigen sich die Beiden aber auch. Es steht die Frage im Raum, ob sich eine junge Frau sich in die Erfahrungswelt eines muslimischen Mannes versetzen kann. Der erste Teil des Romans antwortet auf diese Frage mit seiner Geschichte und sieht die verarbeiteten Erfahrungen in einer Autofiktion, die reale Erlebnisse verarbeitet.

Der zweite Teil greift die Frage auf und erzählt uns genau das Geforderte. Ein junger Muslim wird auf dem Flughafen London Heathrow festgehalten und dies vor allem aufgrund seiner Herkunft. Es wird über die eigene Herkunft berichtet, Kriegserfahrungen und als Leser*In hat man doch im Kopf, dass man dies nur erzählt bekommt, weil Alice oder Ezra sich dieser Geschichte angenommen haben. Für mich zeigt sich hier auch die Asymmetrie von gesellschaftlichen Debatten, denn diese Geschichten, direkt erzählt von Migrant*Innen haben lange in der Literatur gefehlt. Durch die Einbindung in den mittleren Part wird aber auch der Kontrast zur Erfahrungswelt der weißen New Yorker Mittelschicht deutlich. Der Flughafen als Ort der Festsetzung zeigt sich als die Transferstation unserer Reisen und damit auch als Sinnbild für unsere gesellschaftliche Entwicklung. Mir persönlich hat dieser Teil des Romans am besten gefallen, da er wirklich viel miteinander verwebt.

Sind sie dabei?

Halliday, Lisa: Asymmetrie, S.310 Hanser Verlag 1. Auflage 2018.

Dieses Zitat vom Ende des Romans ist Teil einer Radiosendung, in der Ezra Blazer interviewt wird, nachdem er nun endlich den Literaturnobelpreis erhalten hat. Warum es diese Entwicklung braucht ist mir nicht ganz schlüssig, vielleicht ist es auch eine Hommage an Philip Roth, dem dies nicht vergönnt war. In diesem Interview wird deutlich, dass Blazer sich der Monogamie verweigern will und das ihn das Verlassen geliebter Frauen für kurze Momente depressiv mache. Die Frauen erscheinen hier als wichtiges Momentum für das Schreiben dieses Autors. Es wird deutlich, dass Blazer sein Schreiben im Aufeinandertreffen von Fiktion und Erlebtem sieht, was im gesamten Roman durch seine Komposition auch von Lisa Halliday gespiegelt wird.

Mein Fazit nach diesem Roman ist, dass ich den Hype für übertrieben halte. Das Buch greift die spannende Frage der Authentizität von Literatur auf, bleibt hier aber für mich zu oberflächlich, was in der Tratschradiosendung am Ende des Romans gipfelt. Ein Roman, den ich nicht gelesen hätte, wenn ich nicht nur nach Rezensionen gegangen, sondern zuvor darin gelesen hätte. Wer sich für das Liebesleben von Philip Roth, dessen Beschreiben von Liebesbeziehungen ich schon in seinen Romanen überdrüssig war, der wird hier natürlich seine Freude finden.

Wertung: 🐧🐧1/2🐧

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Lisa Halliday:

Asymmetrie

btb Verlag

ISBN: 978-3-442-71958-7

Preis: 11,00€

Lisa Halliday: Asymmetrie. btb Verlag (Taschenbuch) (penguinrandomhouse.de)

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