Theaterkritik: Das Gesicht des Bösen. Schauspiel Frankfurt, nach Text von Nis-Momme Stockmann, inszeniert von Lea Gockel.

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Eine deutschsprachige Erstaufführung bot das Schauspiel Frankfurt mit „Das Gesicht des Bösen“ von Nis-Momme Stockmann, in einer Inszenierung von Lea Gockel. Allein die Besetzung der Rollen macht hierbei einen Besuch notwendig. Ein Bühnenautor (gespielt von Sebastian Kuschmann) empfängt das Publikum und reflektiert darüber, wie man überhaupt Kritik am kapitalistischen Wirtschaftssystem üben sollte. Es geht auch um die Erwartungen an Autor*Innen aus der linken Richtung Kritik zu üben und das böse Gesicht des Kapitalismus zu zeigen. Aber was ist das genuin Böse am Kapitalismus und wer sind die eigentlichen Gesichtsträger? In einem Monolog von etwa 20 Minuten wird auf diesem Wege in das nachfolgende Stück eingeführt. Eine Stoppuhr läuft dabei ständig mit und markiert somit den Zeitdruck der Arbeitswelt im Kapitalismus. Es ist jedoch schwierig als Kulturinstitution zu kritisieren, denn schließlich werden auch die Sponsorengelder der kapitalistischen Welt benötigt. Im Anschluss betreten zwei Archivare, genannt Schwarz (Friederike Ott) und Blau (Fridolin Sandmeyer), einen Aufzug. Sie werden von der Chefabteilung ihrer Bank erwartet und machen sich Gedanken darüber, was eigentlich sie für die Chefetage erledigen sollen. Geht es um geheime Akten, die sie transportieren oder ist es gar belastendes Material? Allerdings stoppt dann der Aufzug und nun liefern sich die Beiden einen Dialog, der zu einem Spiegel der Stresssituation wird. Sie diskutieren den Ernst der Lage, den Sinn des Lebens, machen sich gegenseitig Vorwürfe und wollen, sofern sie die oberen Etagen erreichen, jeder das bestmögliche Bild abgeben. Durch die Spielsituation als Gefangene im Aufzug wird dieser kleinteilige Raum zum Symbolbild des kapitalistischen Systems. Der einzige Kontakt besteht in einer Lautsprecherstimme, die allerdings statt für Entspannung zu sorgen, den Druck nur noch mehr erhöht. Um die Aufzugfläche stehen Bildschirme, auf denen die gefilmten Angestellten wiederum zu sehen sind. Überwachung ist somit ebenfalls ein dauerhaftes Begleitthema. Friederike Ott und vor allem der überragende Fridolin Sandmeyer spielen diese Angestellten mit einer unglaublichen Spiellust. Sandmeyer ist hierbei der nervöse Angestellte, der jedoch nicht im Streit mit seiner Kollegin auseinander gehen möchte. Es wird über fehlenden Teamgedanken gesprochen, man beleuchtet die eigene Rolle als Systemrädchen und garniert dies mit wunderbaren Slapstickeinlagen und Komödienszenen, die mich herzhaft zum Lachen gebracht haben. Wer eine klare Botschaft von diesem Theaterabend erwartet, wird am Ende enttäuscht sein. Zwar versucht es der Bühnenautor am Ende noch einmal, doch sie bleibt unbeantwortet die Frage nach dem Gesicht des Bösen. Vielmehr hat dieses Stück es geschafft uns viele Facetten vorzustellen und dabei vor allem auch gezeigt, dass wir selbst Träger dieser Facetten sind.

Ein wunderbarer Theaterabend, klug gemacht und mit einem tollen Ensemble. Fridolin Sandmeyer hat mich als Ensemblemitglied schon bei seinen vorherigen Auftritten vollends begeistern können und zeigt auch hier wieder sein komödiantisches Talent. Friederike Ott gibt jeder ihrer Figuren die nötige Haltung und so auch an diesem Abend. Im Duett brillieren die Beiden, ohne das jemals die Komödie die ernsthaften Ansätze überlagert. Ich kann dieses Stück nur zum Besuch empfehlen.

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Wertung: 🐧🐧🐧🐧🐧

Mehr Informationen zum Schauspiel Frankfurt, auch mit Ausblick auf die neue anstehende Spielzeit unter:

https://www.schauspielfrankfurt.de/

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