Oksanen, Sofia: Hundepark

#bookstagram #buchtipps #sofiaoksanen #kiepenheuerundwitsch #bookstagramgermany #reading #empfehlung #hundepark #osteuropa #gelesen #leihmütter  #germanbookstagram #frauenrechte #bücherliebe #lesen #buchblogger #bookreview

Dieser Roman ist ebenfalls durch eine Besprechung bei Deutschlandfunk Kultur auf meiner Leseliste gelandet. Im Magazin Lesart wurde ich auf den Roman neugierig gemacht, da ich das Thema der kriminellen Netzwerke rund um Leihmutterschaft interessant fand. „Hundepark“ von Sofi Oksanen, erschienen bei Kiepenheuer und Witsch, widmet nämlich genau diesem Thema seinen erzählerischen Schwerpunkt.

„Frauen wie wir waren unsichtbar. Die Erinnerung an unsere Gesichter schmolz im Gedächtnis der anderen wie Schnee, weil keiner unserer Kunden sich unserer Existenz erinnern wollte.“

Oksanen, Sofia: Hundepark, 2023, Kiepenheuer und Witsch Verlag, S.113.

Ich-Erzählerin des Textes ist Olenka, eine Frau, die eine wirtschaftliche Aufstiegskarriere hinter sich hat, mittlerweile aber als Reinigungskraft in Helsinki gelandet ist. Regelmäßig verbringt sie Zeit in einem Park, den viele Menschen vor allem dafür nutzen, ihren Hunden Auslauf zu genehmigen. Olenka beobachtet aber vor allem eine besondere Familie. Eines Tages trifft sie im Park auf eine ihr nur zu bekannte Frau aus ihrer Vergangenheit. Daria setzt sich neben sie und wirft ihr vor, dass Olenka ihr Leben zerstört hat. Dieser Vorwurf ist Ausgangspunkt von Olenkas Lebenserzählung. Sie berichte, wie ihre Familie aus Tallinn in die Ukraine gezogen ist, dass sie versuchte zu modeln und schlussendlich einen wirtschaftlichen Aufstieg in einem Unternehmen in der Ukraine hinlegen konnte. Dieses Unternehmen vermittelte reichen Kunden aus dem Westen Eizellenspender:Innen. Es geht somit um Leihmutterschaft und schnell offenbart sich im Roman, dass dieses Geschäft kein normaler Wirtschaftszweig ist. Daria ist eine der jungen Ukrainerinnen, welche sich auf dieses Geschäft eingelassen haben und anschließend mit den sich daraus ergebenden Auswirkungen nicht klargekommen ist. Daraus entstehen für Olenka als erfolgreiche Unternehmerin Probleme, denn Daria verschwand damals spurlos. Allerdings wünschte sich das Elternpaar nach der ersten Spende eine weitere Eizelle von der gleichen Mutter. Olenka kann diesen Wunsch nicht erfüllen und so beginnt sich ihre Karriere zu wandeln. Ab diesem Zeitpunkt wird deutlich, dass im ukrainischen Unternehmen mafiöse Strukturen herrschen. Ebenfalls wird sichtbar, wie sich Machtstrukturen der Sowjetunion auch nach deren Zusammenbruch in wirtschaftliche Strukturen übertragen haben. Auch wenn Olenka selbst ihre Tätigkeit gerne als eine helfende Handlung gegenüber jungen Ukrainerinnen und den westeuropäischen Pärchen darstellen möchte, die Realität ist eine ganz andere.

Mit seinen Zeitsprüngen innerhalb der Erzählung ist der Roman eine ambitionierte Lektüre, unterstützt mit diesen Sprüngen jedoch den Blick auf ein Osteuropa, dessen fehlende Strukturen solche Unternehmen begünstigen. Ganz klar schlagen die Drahtzieher Kapital aus der Verzweiflung junger osteuropäischer Frauen und verkaufen deren Körper an zahlungswillige Klientel aus dem Ausland. Oksanen wählt hierfür eine kühle Sprache; Olenka wird zur Drahtzieherin, die sich selbst blendet, um nicht in Selbstzweifel zu geraten. Darias Vorwürfe durchbrechen diese Sichtweise immer wieder und zeigen auf, dass es bei all den Geschehnissen nicht nur um körperliche Aspekte geht. Mutterschaft bringt emotionale Aspekte mit sich und die Muttergefühle können nicht einfach ausgeschaltet werden. Psychologisch sind die Auswirkungen der getätigten Geschäfte deshalb keinesfalls zu unterschätzen. Die Drahtzieher hinter den Machenschaften erhöhen auf Olenka ebenfalls den Druck, unterstellen ihr sogar einen Mord und somit muss sie ebenfalls die Flucht ergreifen. Der Weg nach Finnland soll zugleich eine neue Chance bieten, zeigt aber auch auf, dass für viele Frauen aus Osteuropa der Weg zu mehr Wohlstand nicht leicht ist. Umso empfänglicher sind diese Frauen dann für Angebote wie jenes der Leihmutterschaft. Oksanen schafft es, viele dieser Eindrücke über ihren Roman zu vermitteln, doch das Lesen ist gleichfalls anstrengend. Konzentriert lesend muss man sich den verworrenen Strukturen stellen, was nicht an jeder Stelle gut gelingt.

Fazit

Sofi Oksanen widmet sich in diesem Roman Frauen, deren Schicksal nicht jeder auf dem Schirm hat. Ihr gelingt es, mit diesem Roman viele Aspekte der mafiösen Strukturen rund um die wirtschaftlichen Betätigungen bei Leihmutterschaft aufzuzeigen. Die Lektüre des Romans lässt die oftmals dargestellte Sicht der Vorteile auf beiden Seiten schnell zusammenbrechen. Für diesen Leseeindruck lobe ich den Roman ausdrücklich, allerdings fand ich die Erzählkonstruktion inklusive der zeitlichen Sprünge äußerst anstrengend zu lesen. Mich hat das Buch aus diesem Grund deshalb nicht gänzlich überzeugen können.

Autor:Inneninformation

Sofi Oksanen (1977) wurde in Finnland geboren, der Vater stammt aus Finnland und ihre Mutter aus Estland. Sie integriert diese familiären Einflüsse in ihr schriftstellerisches Werk und ist zudem als Dramaturgin tätig. Mit ihrem Theaterstück und dem gleichnamigen Roman „Fegefeuer“ erreichte sie internationalen Durchbruch und wurde für den Roman mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Oksanen begreift sich als Feministin und verarbeitet auch immer wieder autofiktionale Elemente in ihrem Werk.

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧

Titel: Hundepark

ISBN: 978-3-462-00011-5

https://www.kiwi-verlag.de/buch/sofi-oksanen-hundepark-9783462000115

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert