May, Karl: Winnetou II – Rezension

Karl May ist der Lieblingsautor meiner Jugend und so möchte ich die Beschäftigung mit ihm gerne fortsetzen. Heute blicke ich deshalb auf den zweiten Teil der Winnetou-Trilogie. Winnetou II habe ich bisher noch nicht so oft gelesen habe und so konnte ich mich auch nicht mehr an alle Details erinnern. Mit dem Beenden von Winnetou II werden von nun an auch zunächst alle weiteren Winnetou-Abenteuer folgen. Die Reihenfolge orientiert sich dabei auch daran, welche Karl May Festspiel-Aufführungen ich im kommenden Jahr besuchen möchte. Ebenso werde ich die Romane von Reinhard Marheinecke vorstellen.

Winnetou II fasst zunächst nochmals die Ereignisse aus dem ersten Teil zusammen und versucht damit die Brücke zu den neuen Abenteuern zu bauen. Der zweite Teil ist eine Sammlung dreier unterschiedlicher Reiseerzählungen, sodass wir drei Abenteuer mit den Helden erleben dürfen. Damit zeigt dieser Band aus den Gesammelten Werken May mit seinen kurzen Reiseerzählungen. Zunächst begleiten wir Old Shatterhand als Privatdetektiv auf der Suche nach einem entführten Unternehmersohn. Dieser Part basiert auf der Reiseerzählung „Der Scout“, die mit ihrem Titel auf den erfahrenen Westmann Old Death verweist, den Old Shatterhand auf seiner Reise als Begleiter kennenlernt.  Bei ihrem Abenteuer treffen sie auf kriegslustige Komantschen, welche sich in einem Konflikt gegen die Apatschen befinden und so stoßen sie auch auf Winnetou.

Im Anschluss wird die Erzählung Old Firehand aufgegriffen und wir erleben die beiden Blutsbrüder bei einem Abenteuer, welches eine Vorgeschichte Winnetous aufgreift. Sie müssen den alten Feind Parranoh zur Strecke zu bringen. Zum Abschluss stoßen die Beiden dann wieder auf den Mörder von Winnetous Vater und Schwester Santer. Werden die Beiden in diesem Buch das Kapitel schließen können?

Ein Abenteuer mit Figurenvielfalt

Die Gestaltung des Bandes mit Anthologiecharakter führt dazu, dass wir eine Sammlung von Reiseabenteuern erhalten, die viele klassische May-Elemente bietet. Das erste Abenteuer nimmt dabei den meisten Erzählraum ein. Hier lernt Old Shatterhand den Westmann Old Death kennen. Typisch für einige May Abenteuer ist hier, dass sich unser Erzähler nicht sogleich als der berühmte Blutsbruder von Winnetou zu erkennen gibt. Ähnlich wie im ersten Teil der Trilogie übernimmt ein erfahrener Westmann die Rolle des Anführers und behandelt ihn als Greenhorn. Ich finde den neuen Gefährten als Figur äußerst gelungen. Nicht nur, dass mir die äußere Beschreibung gefällt. Nein, diese Figur agiert sehr weise, bedenkt viele Aspekte und bietet zudem noch eine große Figurentiefe. Old Death wirkt als habe er das Heft des Handelns immer sicher in der Hand. Seine eigene Geschichte wird zum Ende der ersten Reiseerzählung aufgegriffen und zu einem Ende geführt. Gelungen an diesem ersten Teil ist außerdem die Handlung, welche zeitgeschichtliche Aspekte wie den Amerikanischen Bürgerkrieg, oder später den Konflikt mit Mexiko und Benito Juarez einarbeitet.

Typisch für May ist zudem, dass immer wieder Figuren mit deutscher Vergangenheit eine Rolle spielen und sich gemeinsam für Abenteuer zusammenfinden. Old Death ist auch für humoristische Momente zuständig, die wir ebenfalls vom Mayster kennen. Gleiches gilt für die kreativen Lösungen bei der Bestrafung von Kontrahenten. May bleibt seiner Linie treu und setzt zunächst immer auf den Verzicht von Gewalt. Allerdings nur bis zu einem gewissen Grad der Einsicht bei den auftretenden Feinden.

„Furcht kenne ich nicht. Aber es ist ein gutes, altes deutsches Sprichwort, dass der Klügere nachgibt.“

May, Karl: Winnetou II, S.100, Karl May Verlag 2001.

Genau dies zeigt sich auch im Zitat und ist prägend für meine Faszination an Winnetou und Old Shatterhand. Winnetou ist in diesem Band nicht die klare Hauptfigur, sondern tritt kürzer auf. Die beiden Blutsbrüder zeichnet aus, dass sie zunächst immer betrachten ob ein milderes Mittel zur Lösung führt und mit welcher List sie zu ihrem Ziel kommen. Auch in diesem Abenteuer zeigen beide wieder Einfälle, welche es ermöglichen die Feinde mit einer Falle zu stellen.

Neben Old Firehand und Old Death erleben wir aber auch das Kleeblatt, bestehend aus Sam Hawkens, Dick Stone und Will Parker, welches die Blutsbrüder schon im ersten Band begleitete. Da ich zuvor die Reiseerzählung „Old Firehand“ gelesen habe, fallen mir natürlich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf. Entgegen der Reiseerzählung hat Old Firehand hier keine Tochter, sondern einen Sohn. Die Zuneigung Old Shatterhands drückt sich auch in dieser Erzählung aus, nur haben wir keine Liebesgeschichte. Auch werden die Figuren etwas weicher in ihren Rachegedanken gezeichnet. Trotzdem fällt auch in diesem Band auf, dass wir durchaus mehr Gewaltelemente als in vielen anderen Geschichten haben. Alles in allem bleibt es aber ein für Jugendliche geeigneter Abenteuerroman.

Gelungene Fortsetzung der Trilogie

Mit Lesen des zweiten Bandes habe ich meine Trilogielektüre fortgesetzt. Drei spannende Geschichten werden miteinander verwoben und bilden im gesamten Blick durchaus eine stringente Handlungseinheit. Viele bekannte Muster des Maysters finden sich im Text und machen es zu einer schönen Lektüre. Am besten hat mir der erste Teil gefallen. Etwas schade ist es, dass Winnetou etwas dosierter vorkommt. Die Figuren sind vielfältig, die Abenteuer spannend beschrieben und wir haben es nicht mit zwei Helden zu tun, denen nicht immer alles auf Anhieb gelingt. Ich hoffe, dass meine May-Besprechungen nicht nur Fans gefallen, sondern auch den ein oder anderen neuen Leser erschließen und so kann ich die ersten beiden Teile der Trilogie nur als Einstiegslektüre empfehlen.

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧🐧

Karl May:

Winnetou II

ISBN: 978-3780200082

Preis: 24,00€

Karl-May-Verlag – Winnetou. Zweiter Band

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